Egoismus oder der neue Zeitgeiz.
In diesem Beitrag erfährst du, wie du es schaffst, mehr Zeit in deinem Alltag und der Freizeit zu bekommen sowie weniger Stress zu haben. Du bekommst einige kleine Anleitungen, Tipps und Tricks, wie du durch egoistischere Entscheidungen mehr vom Leben hast.
Inhalt:
Einleitung
Minimalismus ist persönlich. Nicht nur dein Konsum sollte auf deinen Bedarf, deine Träume und deine Vorstellungen ausgerichtet sein. Auch dein Zeitmanagement darf sich abgesehen von den notwendigen Verantwortlichkeiten und moralischen Verpflichtungen nur um eine Person drehen. Du darfst jetzt einmal raten, wer damit gemeint ist. Doch Vorsicht: Wenn du falsch liegst, musst du zur Strafe den Stuss, den ich verzapft habe, nochmal von vorne lesen. Ab Seite 1! Bereit? Deine Antwort ist …
richtig!
Du sollst eigensinnig sein!
Du da! Du mit der Nase im Buch, bist der wichtigste Mensch, wenn es darum geht, deine Zeit zu verteilen! In deinem eigenen, kleinen Universum dreht sich die ganze Welt um dich, also sei ein bisschen Egoist.
Es tut mir leid, es so ausdrücken zu müssen, aber dein Leben ist kurz. Es endet früher oder später im Bestattungsunternehmen. Grummelnd im Bett zu liegen, sich fragend, wo der Tag nur geblieben ist, die Welt zu verfluchen, weil man Zeit verplempert hat, all das macht einfach krank. Lebenszeit ist wertvoll. Sie muss keine Opfergabe an Fremde, Freunde und auch nicht an Verwandte sein.
Auch in Sachen Zeitmanagement gilt es, Dinge, die dir nicht wichtig sind, untergeordnet zu behandeln. Bevor du etwas tust, stell dir die Frage, ob du es wirklich willst oder ob du meinst, dass es nur von dir erwartet wird. Falls ein Zeitaufwand von dir erwartet wird, darf entschieden werden, ob du damit einverstanden bist oder nicht.
Du bist für deine Zeit verantwortlich, sie muss daher verantwortungsvoll und nach bestem Gewissen verteilt werden. Die minimalistische Formel lautet: Deine verfügbare Freizeit minus der wichtigen und benötigten Stunden für dich ergibt Zeit, die du anderen schenken kannst.
Dein Leben ist die Summe der Einteilung deiner Zeit!
Egoistischer mit seiner Zeit umzugehen, fordert eine Umstellung. Es ist ungewohnt. Man bekommt von klein auf suggeriert, was man mit seinem Leben anzustellen hat. Es wird einem ständig eingetrichtert, wie ein anständiger Mensch mit all seiner Nachsicht, seiner Aufopferung und Selbstlosigkeit seinen Tagesablauf zu gestalten hat.
Für dich ist jetzt Zeit für Veränderung, denn Zeit ist kostbar.
Stell dir die Frage:
Kann ich bestimmte Zeitblöcke ändern und dadurch besser nutzen?
Setze dich mit deinen Zeitblöcken kritisch auseinander. Du wirst viele Tätigkeiten im Laufe einer Woche finden, die du weder brauchst noch möchtest, aber aus Angewohnheit über dich ergehen lässt.
Im Alltag und der normalen Tagesgestaltung hat sich so manche Beschäftigung eingenistet, die Zeit frisst, die man anderweitig besser nutzen könnte. Es ist schwer, doch am Ende des Horizonts wartet im Endeffekt ein längeres Leben auf dich. Durch Analyse und anschließende Veränderung, Überwindung und Umstrukturierung kann man sich Zeitblöcke für wichtigere Dinge freischaufeln.
Wenn du beispielsweise am Frühstmorgen einfach nur wachwerden willst, brauchst du dir nicht einreden, dass du deinen Kaffee in Ruhe beim Bäcker oder gar im Café genießen musst. Es ist egal, wie man das als Erwachsener in deiner Gegend so macht. Es ist ebenfalls egal, seit wie vielen Jahren du dort schon deine langweilige Kollegin triffst. Streich die wortkarge Tippse, die triffst du im Laufe des Tages sowieso mehrmals nickend wie ein Wackeldackel auf dem Flur. Streich Anfahrt und Anstehen. Zeit gespart. Kipp die braune Plörre in eine Thermoskanne für den Weg, oder schon zuhause den Rachen hinab. Zeit gespart. Durch die Summe solcher Zeitersparnisse kannst du länger schlafen. Das Stündchen des zusätzlichen Schlafs hängst du zukünftig abends dran, und tust etwas Nützlicheres.
Stell dir die Frage:
Tue ich das wirklich für mich oder damit ich Leuten, die mich nicht interessieren, gefalle?
Wo wir gerade aufgewacht sind, nehmen wir das Aussehen. Es wird nicht nur extra früh aufgestanden, damit man noch Zeit hat, sich gesellschaftskonform zu stylen. Bei zu viel Gelegenheiten wird Zeit investiert, um anderen zu imponieren. Dieses Ritual lässt sich bei einer Naturschönheit wie dir bestimmt minimieren. Besonders, wenn man sich bewusst macht, dass der Aufwand ausschließlich für Andere ist. Würdest du zuhause bleiben oder dich nur mit deinen Freunden und Verwandten treffen, würde dir eine Dusche + Eincremen reichen. Wieso willst du es Fremden rechter machen als dir selbst? Zeitintensives Schminken, Styling und Shoppingtrips sind nicht das Ende der Fahnenstange.
Es gibt zu viele Situationen, in denen man sich anstrengt, weil man sich fragt, was die anderen denken könnten. Solange man sich nicht komplett gehen lässt, kann einem egal sein, ob man für Andere in der grauen Masse versinkt. Deine Aufgabe ist es, diese Zeitverschwendungen zu finden und größtmöglich zu eliminieren.
Zum Frisör kannst du gehen, wenn du deine Haare zu lang und unförmig findest, aber nicht weil jetzt schon wieder ein Termin, der dir aufgeschwatzt wurde, im Kalender steht. Wenn du keine Lust hast, jede Woche dein Auto zu putzen, dann darf der Regen den Abwasch erledigen. Dein Nachbar darf sich im stillen Kämmerchen ärgern, dass du den Wert des Viertels mit deiner Dreckschleuder herunterziehst. Du gewinnst eine halbe Stunde Zeit. So ein bisschen Staub hat außerdem auch seinen Charme. Bei vielen Tätigkeiten, die du abbuckelst, gilt: Wenn es dir egal ist, muss es keine Zeit fressen.
Stell dir die Frage:
Ist das jetzt echt nötig?
Wie viele Dinge erledigt man im Laufe des Tages zwar aus freiem Willen, aber ohne wirklichen Nutzen?
Man füllt den Tag mit Nichtigkeiten, die weder persönlichen Fortschritt noch Freude bringen. Man hetzt von Termin A los, um pünktlich Erledigung B hinter sich bringen zu können. Dann muss noch schnell C eingelöst, abgeholt oder abgegeben werden, bevor D aus einem schwer definierbaren Grund ansteht. Es werden zu viele Kleinigkeiten erledigt, die in der Summe dazu führen, dass man zu nichts von Substanz kommt. Sich im Mikromanagement zu verlieren ist nicht minimalistisch. Es ist anstrengend.
Bei den vielen Dämlichkeiten, die gemacht werden könnten, ist es nützlich die Konsequenzen abzuschätzen. Es gilt zu bewerten, wie hoch der positive oder negative Einfluss auf dein Leben ist. Dinge, die eine hohe Priorität haben, dürfen sofort gemacht werden. Auf der Straße zu landen, weil du keine Lust hattest, die Miete zu überweisen, ist etwas anderes, als eine halbe Stunde in der Schlange bei der Post zu stehen, damit eine Grußkarte pünktlich ankommt. Es ist kein Weltuntergang, wenn das Geschenk später ankommt. Genauso wenig wie ein Supermarkteinkauf notwendig ist, wenn nur eine Zutat fehlt, jedoch kein Tod durch Verhungern droht.
Viele Aktivitäten können aufgeschoben werden, bis man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Ein gesunder Egoismus stellt deine wichtigen Vorhaben vor die untergeordneten Verpflichtungen, die du dir einredest.
Stell dir die Frage:
Geht das auch ohne mich?
Nicht jedes gesellschaftliche Konstrukt ist sinnvoll, manche Abläufe haben sich ohne tieferen Sinn eingespielt.
Wenn man seine alltäglichen Vorgänge hinterfragt, kommen einem viele davon albern vor. Wir sind nicht mehr in der Grundschule, also lass dich nicht auf etwas Kindisches wie Gruppenzwang ein. Der Mensch ist frei. Unliebsame Aktivitäten können auch ohne dich stattfinden.
Es ist schwer, die eigenen Ansprüche, die man an einen zufriedenstellenden Tag hat, den Erwartungen der anderen vorzuziehen. Doch wer immer nachgibt, hat auch ständig das Nachsehen.
Ohne Absagen zu unerwünschten Treffen läufst du Gefahr, dich im Frust zu verrennen. Es ist normal, nicht auf jeder Hochzeit zu tanzen, wenn man anderweitige Ziele und Träume hat. Wenn ein Filmabend geplant ist, du den Streifen schon kennst oder keinen Nerv auf den Großteil der Gäste hast, machst du eben etwas anderes. Nicht jedes Treffen ist ein Volltreffer. Lass solche lieber an dir vorbeiziehen, statt dich daneben zu fühlen.
Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen ein wenig Egoismus angemessen ist. Allerhöchste Eisenbahn für Eigensinnigkeit ist, wenn deine Mitmenschen dich ausnutzen.
Hilfsbereitschaft ist wichtig, ohne sie funktioniert kein gesundes Miteinander. Die Grenze zur Ausbeutung muss allerdings nicht überschritten werden. Wenn jemand meint, dass ein Vorgang durch dein Anpacken nur halb so lange dauert, ist das oft kein guter Grund, sondern meist nur ein billiger Vorwand. Es ist ja ganz logisch, dass er/sie/es schneller fertig ist, wenn du die Hälfte des Zeitaufwandes übernimmst.
Die Aufgaben von Faulen zu übernehmen, ist Unfug. Eine einfache Milchmädchenrechnung zeigt, dass keine Zeit gespart wird, obwohl es mit deiner Hilfe tatsächlich schneller geht. Es kostet in der Summe genauso viel Zeit, sie wird nur aufgeteilt. Selbstverständlich zu deinen Lasten.
Sklaventreiberei ist verboten!
So kann man bei einem schweren Umzug gerne helfen. Es ist aber zu viel verlangt, wenn man neben dem Einräumen der Kartons in der alten Wohnung noch beim Ausräumen der Kartons in der neuen Wohnung helfen soll. Aufgaben, die der Auftraggeber eigenhändig übernehmen kann, darf er auch eigenständig in die Hand nehmen.
Tätigkeiten, bei denen du keine Hilfe erwarten würdest, musst du nicht für andere übernehmen. Deine Zeit ist in diesem Fall sogar mehr wert, du hast nach der Arbeit schließlich keinerlei Mehrwert. Wenn du helfen sollst, dann reicht es bei Sachen zu helfen, die Hilfe erfordern.
Du musst deine wertvolle Zeit nicht dafür nutzen, andere dabei zu unterstützen, ihre Aufgaben zu erledigen. Die wichtige Frage ist, ob du seinen oder ihren Egoismus wichtiger findest als deinen.
So manch treue Seele verschwendet Stunde um Stunde damit, andere durch die Gegend zu fahren, und auch noch während der eigentlichen Erledigung im Auto zu warten. Die Preise der öffentlichen Verkehrsmittel mögen eine Zumutung und deine Spritkosten im Vergleich niedriger sein, aber Zeit ist einfach unbezahlbar. Chauffeur spielen ist sehr nett. Es ist aber oftmals eine Gefälligkeit, die genau genommen keine Zeitersparnis bringt, wenn man den selbstlosen Einsatz des Fahrers fair bewertet. Wer ohne mehrstündigen Fußmarsch nicht vom Zuhause zum Ziel kommt, kann abgeholt werden. Wer sich jedoch zu fein ist, in den Bus einzusteigen und dafür 30 Minuten Anfahrt + 30 Minuten Rückfahrt + 30 Minuten Aufenthalt eines Anderen in Kauf nimmt, ist so egoistisch, dass du aus Prinzip ebenfalls egoistisch sein musst. Wenn es darum geht, Zeit zu sparen, muss man manchmal leider hart sein.
Gemeinsame Unternehmungen bringen Spaß und Erholung, gemeinsame Erledigungen, die einseitigen Nutzen bringen, sind zu viel des Guten.
Viele Leute sind Wichtigtuer, aber deshalb noch lange keine VIPs, die Begleitschutz brauchen. Du bist kein Babysitter. Erwachsene, die weder eine Angststörung haben oder anderweitig moralische Unterstützung benötigen, dürfen auf deine Begleitung verzichten. Wer mit zum Arzt geht, obwohl er nicht krank ist, braucht sich nicht wundern, wenn Projekte Planungen bleiben.
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Dieser Beitrag ist ein Kapitel des Buches minimalistische Balance von Anders Benson. Mehr Informationen und viele Bezugsquellen findest du >>> hier (Übersichtsseite zu minimalistische Balance: Ausgeglichenheit und Zufriedenheit durch weniger Stress, weniger Dinge, mehr Geld, mehr Zeit)